Hybrid DRG-Verordnung und Abrechnungsvorgaben – Übergangsregelung für das Jahr 2024

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Zum 1. Januar 2024 trat die Verordnung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) über eine spezielle sektorengleiche Vergütung (Hybrid-DRG-Verordnung) nach § 115f SGB V in Kraft. Die Verordnung trat in Kraft, obwohl es noch keine Abrechnungsbestimmungen gab. Für den vertragsärztlichen Bereich haben KBV und GKV-Spitzenverband diese nun festgelegt, sie gelten rückwirkend ab dem 01. Januar 2024.

Damit können Vertragsärzte die Fallpauschalen für bestimmte Eingriffe (bestimmte Hernien-Eingriffe, die Entfernung von Harnleitersteinen, Ovariektomien, Arthrodesen der Zehengelenke und die Exzision eines Sinus pilonidalis) jetzt abrechnen.

Die Abrechnung der Hybrid-DRG kann nur bei gesetzlich krankenversicherten Patienten (GKV) erfolgen. Eine Abrechnung über sonstige Kostenträger (Jugendamt, Sozialamt, Bundeswehr usw.) ist nicht möglich.

Zum Hintergrund: Ziel der BMG-Verordnung ist es, die Ambulantisierung stationär erbrachter Leistungen zu fördern. Hierzu soll eine einheitliche Vergütung festgelegter Leistungen für Vertragsärztinnen bzw. -ärzte und Krankenhäuser realisiert werden – unabhängig davon, ob die Eingriffe ambulant oder stationär durchgeführt wurden. Die Verordnung tritt zum 31.12.2024 außer Kraft. Auf Bundesebene verhandeln die Vertragspartner an einem Folgekatalog mit entsprechenden Leistungen.

Abrechnungsvorgaben

Erteilung einer Abrechnungsbeauftragung
Damit wir die Abrechnung der nach Hybrid DRG erbrachten Eingriffe für Sie übernehmen können, müssen Sie uns zunächst beauftragen. Das Formular zur Abrechnungsbeauftragung finden Sie im Download.

Grouper-Software für die Abrechnung
Zudem wird ein sogn. Grouper benötigt, der bislang nur im stationären Bereich eingesetzt wird. Laut Hybrid-DRG-Verordnung müssen Grouper dem „Definitionshandbuch ‚aG-DRG German Diagnosis Related Groups Version 2024“ des InEK entsprechen. Mit der Software ermitteln sie, ob ein Eingriff einer Hybrid-DRG zugewiesen werden kann. Dazu geben sie das Alter, die OPS-Kodes und die ICD-10-Kodes der Haupt- und Nebendiagnosen an, wenn sie einen Eingriff aus dem Leistungsbereich der Hybrid-DRG-Verordnung vorgenommen haben. Gegebenenfalls sind weitere Angaben einzutragen. Hierbei sind die Deutschen Kodierrichtlinien anzuwenden. Löst der Grouper eine Fallpauschale aus, kann der Eingriff mit der Hybrid-DRG abgerechnet werden.

12.03.2024: Die KV Saarland ist aktuell in engem Austausch mit entsprechenden Anbietern, um eine zertifizierte Gouper-Software zu erwerben. Danach werden wir Ihnen diese Software als Dienstleistung im Online Portal zu Verfügung stellen.

Eine Übersicht der Grouper, die vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) zertifiziert sind, finden Sie auf der Webseite des InEK:
https://www.g-drg.de/ag-drg-system-2024/grouper-zertifizierung/grouper-zertifizierung-2022-2024

Leistungen die im Kalenderjahr 2024 erbracht werden-Übergangsregelung der Abrechnung

Aufgrund der erforderlichen Vorlaufzeiten für die Anpassung der technischen Prozesse können die Krankenkassen das Verfahren nicht unmittelbar umsetzen, spätestens jedoch bis zum 1. Januar 2025. Aus diesem Grund haben sich die Verhandlungspartner verständigt, die Abrechnung im Falle der Beauftragung der Kassenärztlichen Vereinigung übergangsweise über die Quartalsabrechnung laufen zu lassen. D. h. während dieser Zeit können Sie weiterhin den herkömmlichen Abrechnungsweg nutzen. Sie rechnen alle Eingriffe die Sie in diesem Jahr nach Paragraf 115f SGB V durchführen, mit Ihrer jeweiligen Quartalsabrechnung ab. Dazu geben Sie in Ihrer Abrechnung die jeweils ermittelte neue Pseudo-Gebührenordnungsposition (siehe Anlage 1 zur Hybrid-DRG-Verordnung) an.

Für jede Hybrid-DRG Fallpauschale gibt es eine Pseudo-GOP, diese stehen mit dem Update für das 2. Quartal 2024 in den Praxisverwaltungssystemen bereit (siehe Anlage; OPS-Codes siehe Anlage 1 der Hybrid-DRG Verordnung).

Es ist zwingend erforderlich die zugehörige Hauptdiagnose wie folgt zu kennzeichnen: #H_ICD-Schlüssel# (z.B.: #H_K40.00#.).

Diese Kennzeichnung erfolgt immer in der Feldkennung 5009 (freier Begründungstext), neben der abzurechnenden Pseudo-GOP für die Hybrid-DRG.


Der zum Eingriff zugehörige OPS-Code ist neben der Pseudo-GOP in der Feldkennung 5035 (OPS-Code) anzugeben.

Weitere Inhalte der Abrechnungsvereinbarung

In der Abrechnungsvereinbarung ist ferner geregelt, dass die Hybrid-DRG nur von einem am Eingriff beteiligten Arzt abgerechnet werden darf, zum Beispiel vom Operateur oder auch vom Anästhesisten Dieser muss das Honorar laut Hybrid-DRG-Verordnung mit den beteiligten Kolleginnen und Kollegen teilen. Die Fallpauschale ist immer nur einmal berechnungsfähig und umfasst:

• Anästhesie
• Operation
• perioperatives Labor (einschließlich Pathologie)
• intraoperative und unmittelbar postoperative Röntgenleistungen
• alle Sachkosten, die im unmittelbaren Kontext zur Operation stehen
• postoperative Überwachung
• alle Leistungen die unmittelbar mit der OP verbundenen sind und in der operierenden Einrichtung durchgeführt werden

Die postoperative Behandlung, die bei einem der Eingriffe erforderlich werden kann, ist grundsätzlich nicht von der Hybrid-DRG umfasst und kann nach EBM abgerechnet werden.

Nach der Vereinbarung von KBV und GKV-Spitzenverband dürfen die Abrechnungsdaten nur elektronisch übermittelt werden.

Leistungen die ab dem Jahr 2025 erbracht werden

Ab dem Jahr 2025 erfolgt die Abrechnung nach den Vorgaben der technischen Anlage zur Hybrid-DRG- Abrechnungsvereinbarung. Weitere Informationen zur Übermittlung Ihrer Daten werden wir Ihnen zu gegebener Zeit mitteilen.

Allgemeine Informationen

In der Hybrid-DRG-Vereinbarung des BMG sind die Operationen aufgeführt, die nach den neuen Hybrid-DRG vergütet werden. Das sind zurzeit bestimmte Hernien-Eingriffe, die Entfernung von Harnleitersteinen, Ovariektomien, Arthrodesen der Zehengelenke und die Exzision eines Sinus pilonidalis.

Unklar ist, ob Ärzte für diese Eingriffe die Hybrid-DRG abrechnen müssen oder alternativ eine Abrechnung nach EBM möglich ist. Nach Auskunft des BMG ergibt sich ein Abrechnungsausschluss laut Paragraf 115f SGBV „nicht eindeutig“.

Somit wäre es grundsätzlich möglich, dass Ärzte wählen können, ob sie nach der Hybrid-DRG-Verordnung oder nach EBM abrechnen. Der GKV-Spitzenverband hat sich allerdings bereits klar positioniert und erklärt, dass die Kassen Eingriffe nach EBM nicht bezahlen werden, wenn es für sie eine Hybrid-DRG gibt.

EBM-Anpassungen

Als kurzfristige Übergangsregelung werden notwendige Anpassungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes in Bezug auf die Abrechenbarkeit von prä- und postoperativen Gebührenordnungspositionen sowie eines Abrechnungsausschlusses von belegärztlichen Leistungen bei Abrechnung einer Hybrid-DRG für den Eingriff noch zwischen KBV und GKV-Spitzenverband verhandelt. Ein Beschluss des Bewertungsausschusses wird zeitnah gefasst. Über weitere EBM-Anpassungen im Zusammenhang mit der Einführung von Hybrid-DRG will die KBV im Abschluss ausführlich mit dem GKV-Spitzenverband beraten.

Abrechnungsbeispiel 1:
Ein 53-jähriger gesunder Mann ohne Nebendiagnosen hat Beschwerden bei einer linksseitigen Inguinalhernie. Der Patient bekommt einen einseitigen Hernienverschluss, offen chirurgisch, ohne weitere Maßnahmen.
Diese Basisinformationen geben Sie in den Grouper ein:
Diagnosen (ICD-10-GM 2024): Kode/Bezeichnung
K40.90 L – Hernia inguinalis, einseitig oder ohne Seitenangabe, 
ohne Einklemmung und ohne Gangrän: Nicht als Rezidivhernie bezeichnet
Prozeduren (OPS-Version 2024): Kode/Bezeichnung
5-530.03 L – Verschluss einer Hernia inguinalis: Offen chirurgisch, ohne plastischen Bruchpfortenverschluss: Ohne weitere Maßnahmen
Ergebnis:
Mit diesen Angaben wird in die Hybrid-DRG G24M gegroupt. Die entsprechende Pseudo-GOP für die Abrechnung über die Kassenärztliche Vereinigung lautet 83003.
(G24M – Eingriffe bei Hernien ohne plastische Rekonstruktion der Bauchwand, ohne beidseitigen Eingriff, ohne komplexen Eingriff, Alter > 13 Jahre o. ohne äußerst schwere o. schwere CC)
Hinweise:
Als Basisinformationen sind in den Grouper die Diagnose, die den Eingriff begründet hat = Hauptdiagnose in Form der ICD-10-GM und die dazugehörige Prozedur in Form des OPS-Kodes einzutragen. Eine Angabe der Zusatzkennzeichen für die Diagnosesicherheit ist nicht erforderlich. Bei Operationen an paarigen Organen ist die Angabe der Zusatzkennzeichen für die Seitenangabe am OPS-Kode verpflichtend.
Weitere Informationen, die anzugeben sind, wären das Geschlecht und das Alter der operierten Person.
Als Verweildauer ist stets 1 festzulegen, um nach derzeitiger Festlegung eine Hybrid-DGR zu erreichen.
Je nach Grouper ist darauf zu achten, dass alle Felder belegt sind. Dies kann auch bei nicht benötigten Angaben wie der Beatmungszeit eine „0“ sein.

Abrechnungsbeispiel 2:
Ein zwölfjähriger Junge hat eine beidseitige Inguinalhernie. Das Kind bekommt einen beidseitigen Hernienverschluss.
Diese Basisinformation geben Sie in den Grouper ein:
Diagnosen (ICD-10-GM 2024): Kode/Bezeichnung
K40.20 – Doppelseitige Hernia inguinalis, ohne Einklemmung und ohne Gangrän: Nicht als Rezidivhernie bezeichnet
Prozeduren (OPS-Version 2024): Kode/Bezeichnung
5-530.03 B – Verschluss einer Hernia inguinalis: Offen chirurgisch, ohne plastischen Bruchpfortenverschluss: Ohne weitere Maßnahmen
Ergebnis:
Mit diesen Angaben wird in die Hybrid-DRG G24N gegroupt. Die entsprechende Pseudo-GOP für die Abrechnung über die Kassenärztliche Vereinigung lautet 83002.
(G24N – Eingriffe bei Hernien ohne plastische Rekonstruktion der Bauchwand, mit beidseitigem oder komplexem Eingriff o. Alter < 14 Jahre mit äußerst schweren o. schweren CC)
Hinweise:
Durch die Angabe des Zusatzkennzeichens „B“ für den beidseitigen Eingriff wird eine höher vergütete Hybrid-DRG angesteuert. 
Die Altersangabe spielt ebenfalls eine Rolle bei der Festlegung von Hybrid-DRGs.
Gruppierungsrelevante Kriterien können auch unter anderem weitere Erkrankungen und/oder gleichzeitig durchgeführte Eingriffe sein. 

Abrechnung von prä- und postoperativen Leistungen (Übergangsregelung 01.01.2024 – 31.12.2024)

02.04.2024: Der Bewertungsausschuss hat im Zusammenhang mit der Hybrid-DRG-Verordnung nach § 115f SGB V kurzfristig mehrere EBM-Änderungen als vorläufige Übergangsregelung beschlossen (708. Sitzung, schriftliche Beschlussfassung). Sie treten rückwirkend zum 1. Januar 2024 in Kraft. So können Ärzte jetzt auch bei Eingriffen des Katalogs nach § 115f SGB V prä- und postoperative Leistungen aus dem EBM-Kapitel 31 abrechnen. Die entsprechenden Regelungen gelten zunächst bis 31. Dezember 2024.

Präoperative Leistungen des Abschnitts 31.1.2

Durch die Aufnahme einer dritten Bestimmung zum EBM-Abschnitt 31.1.1 EBM wird klargestellt, dass Vertragsärzte präoperative Leistungen im Zusammenhang mit Eingriffen gemäß der Anlage 1 der Hybrid-DRG-Verordnung nach § 115f SGB V –  sofern sie außerhalb der Einrichtung, in der die Operation durchgeführt wird, erfolgen- nach den Gebührenordnungspositionen des Abschnitts 31.1.2 berechnen können.

Postoperative Leistungen der Abschnitte 31.4.2 und 31.4.3

Für postoperative Leistungen gibt es eine neue Nr. 6 der Präambel zum Abschnitt 31.4.1 EBM. Sie regelt, dass Vertragsärzte für postoperative Behandlungen im Zusammenhang mit Eingriffen entsprechend der Anlage 1 der Hybrid-DRG-Verordnung die Gebührenordnungspositionen der Abschnitte 31.4.2 und 31.4.3 abrechnen können.

Hierfür gilt

Die berechnungsfähige GOP des Abschnitts 31.4.3 richtet sich nach dem OPS-Kode des durchgeführten Eingriffs und dessen Zuordnung gemäß Anhang 2 zum EBM.

Für OPS-Kodes der Anlage 1 der Hybrid-DRG-Verordnung, die nicht im Anhang 2 des EBM enthalten sind, sind folgende GOP abweichend von der jeweiligen Leistungslegende und unter Angabe der GOP 88110 (Im Zeitraum vom 01.01.24 bis 31.03.24 kann auf diese Angabe noch verzichtet werden!) berechnungsfähig:

  • GOP 31600 für Ärzte des hausärztlichen Versorgungsbereichs
  • GOP 31611 für Operateure
  • GOP 31610 für Ärzte im fachärztlichen Versorgungsbereich, die auf Überweisung des Operateurs die präoperative Behandlung übernehmen

Erfolgt der Eingriff nach § 115f SGB V durch ein Krankenhaus, können Ärzte die GOP des Abschnitts 31.4.2 oder 31.4.3 abweichend von der Leistungslegende und Satz 1 der Nr. 1 der Präambel 31.4.1 ohne Überweisung des Operateurs abrechnen.

Für die Eingriffe 5-490.0, 5-490.x, 5-490.y, 5-491.0, 5-492.1, 5-561.2, 5-581.0, 5-581.x und 5-581.y nach Anlage 1 der Hybrid DRG-Verordnung sind keine Leistungen gemäß der Abschnitte 31.4.2 und 31.4.3 berechnungsfähig.

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