©peterschreiber.media/Stock.Adobe.com

Handlungsempfehlungen für ambulant operierende Praxen

Seit 2023 ist die Hygieneberatung als Service in der KV Saarland etabliert und wird gerne von unseren Mitgliedern in Anspruch genommen. Ergänzt wird dieses Angebot durch umfangreiche Tipps und Informationen auf der Internetseite der KV Saarland und – beginnend mit dieser Veröffentlichung – via Newsletter.
Die Hygiene-Themen werden künftig in einem eigenen Hygiene-Newsletter versendet.
Sofern Sie diesen noch nicht abonniert haben, ergänzen Sie Ihre KVS-Newsletter-Auswahl unter: www.kvsaarland.de/newsletter

Was steht „zwischen den Zeilen“ der saarländischen Verordnung über die Hygiene und Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen 

Die saarländische Verordnung über die Hygiene und Infektionsprävention gilt durchgängig für alle Einrichtungen, in denen invasive Eingriffe durchgeführt werden, Dialyseeinrichtungen und Arztpraxen. Nur rein psychotherapeutisch ausgerichtete Praxen sind ausgenommen.

Für Arztpraxen, in denen keine invasiven Eingriffe durchgeführt werden, ist es ausreichend, die hygienischen Prozesse im Hygieneplan (für Dritte) nachvollziehbar und plausibel zu dokumentieren. Diese Verpflichtung ergibt sich u. a. auch im Rahmen des Qualitätsmanagements nach § 135 Absatz 2 des SGB V. Die entsprechende Mustervorlage im Word-Format – Hygieneplan für die Arztpraxis zur praxiseigenen Anpassung (Stand: 2024) können Sie bei der Hygieneberatung der KV Saarland anfordern.

Für Einrichtungen, in denen invasive Eingriffe und/oder ambulante Operationen, sog. stationsersetzende Eingriffe durchgeführt werden, gelten weitaus umfassendere Vorschriften, auch wenn lediglich Eingriffe in einem so genannten Eingriffsraum durchgeführt werden.

Hygiene und Recht kennen – Haftungsrisiken vermeiden

Wichtig ist die Einhaltung von Gesetzen, Verordnungen, Richtlinien und Empfehlungen in Bezug auf Hygiene und den Umgang mit Medizinprodukten. Die hohen Anforderungen an die Räumlichkeiten für ambulante Operationen sind verpflichtend in der Qualitätssicherungsvereinbarung ambulantes Operieren festgeschrieben (https://www.kbv.de/media/sp/AOP.pdf).

Verantwortlich für die Umsetzung ist die Leitung der Einrichtung. Sofern der Operateur für seine Eingriffe ein externes ambulantes Operationszentrum nutzt, geht die Verantwortung formal auf die Leitung dieser Einrichtung über. Gleichwohl empfiehlt es sich auch dann, die Einhaltung der Richtlinien zu überprüfen und dies ggf. auch vertraglich festzuschreiben.

Besonders im organisatorischen Bereich ist eine besondere Gewissenhaftigkeit nötig, um Haftungsfälle zu vermeiden.

Aus haftungsrechtlicher Sicht geht es beim ambulanten Operieren im Wesentlichen um die Sicherung der Prozess- und Strukturqualität gem. den Vorgaben der Verordnung über die Hygiene und Infektionsprävention (https://www.saarland.de/DE/portale/corona/service/downloads/_documents/gesundheitundpflege/dld_verordnung-infektionspr%C3%A4vention) i.V. mit den entsprechenden Empfehlungen der Kommission für Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen und in Einrichtungen und Unternehmen der Pflege und Eingliederungshilfe (KRINKO).  

Unter dem Aspekt der Haftung für Organisationsmängel haben Sorgfaltspflichtverstöße im Rahmen der Judikatur und behördlicher Überprüfungen durch die Behörden, zunehmende Bedeutung erlangt.

Festlegung infektionspräventiver Maßnahmen – Operationsspektrum und Infektionsrisiko

DieKommission für Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen und in Einrichtungen und Unternehmen der Pflege und Eingliederungshilfe (KRINKO) unterscheidet in der Empfehlung „Personelle und organisatorische Voraussetzungen zur Prävention nosokomialer Infektionen“ zwischen Operationen mit “normalem Infektionsrisiko” und Operationen mit „geringem Infektionsrisiko“ gemäß den folgenden Kriterien:

Geringes Infektionsrisiko ist beispielsweise gegeben bei

  • kleinen Eingriffen an der Haut/Subkutis, am Auge, in der Mund-, Kiefer-, Stirnhöhle,
  • Endoskopien von Körperhöhlen,
  • Abzesseröffnung
  • interventionellen radiologischen und kardiologischen Eingriffe (außer mit regelhaft erwartetem Verfahrenswechsel),
  • im Hautniveau liegenden Tumoren oder Fremdkörpern (außer wenn sehr ausgedehnt)
  • sowie bei Verletzungen der Haut oder der Subkutis (außer wenn sehr ausgedehnt).

Eine Risikobewertung hat Einfluss auf die infektionspräventiven Maßnahmen.

Entscheidend für die Risikobewertung ist die Beurteilung des postoperativen Infektionsrisikos, der organisatorischen Maßnahmen, der baulich-hygienischen Bedingungen und die Bedeutung einer etwaigen Surgical Site Infection (SSI). Das Risk-Assessment für die Zuordnung anhand des geplanten Operationsspektrums sollte gemeinsam vom Operateur und einer beratend tätigen Krankenhaushygienikerin oder einem Krankenhaushygieniker durchgeführt werden.

Das Risikoprofil kann in Kooperation mit einem Arzt für Hygiene und Umweltmedizin, einem Arzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie oder einem in Krankenhaushygiene curricular fortgebildetem Arzt erstellt werden. Hierbei hat der Arzt einen gewissen Entscheidungs-Freiraum durch die o.g. Empfehlung der KRINKO und sollte immer erster Ansprechpartner bei der Festlegung einrichtungsspezifischer Maßnahmen sein.

https://www.rki.de/DE/Themen/Infektionskrankheiten/Krankenhaushygiene/KRINKO/Empfehlungen-der-KRINKO/Hygienefachpersonal-Hygienebeauftragte/Tabelle_Management.html?nn=16779658

https://www.rki.de/DE/Themen/Infektionskrankheiten/Krankenhaushygiene/KRINKO/Empfehlungen-der-KRINKO/Device-assoziierte-postoperative-Infektionen/Tabelle_Wundinf.html?nn=16779640

Laut KRINKO ist „für die zu ergreifenden Präventionsmaßnahmen das SSI-Risiko (surgical site infection) der jeweiligen Operation entscheidend“

Operationen mit geringem SSI-Risiko können unter modifizierten räumlichen Bedingungen durchgeführt werden. Dort können die außerhalb des OP-Raums liegenden Nebenräume bzw. deren Funktionen zusammengefasst werden. Auch kann bei mobilen Patienten die Umlagerung vereinfacht werden und es kann aus infektions­hygienischen Gründen auf eine RLTA verzichtet werden. Die desinfizierende Zwischenreinigung der Flächen kann auf die patientennahen Flächen und alle sichtbaren Kontaminationen beschränkt werden.

Ist das SSI-Risiko noch geringer können die invasiven Maßnahmen auch in einem Raum durchgeführt werden, der nicht in eine OP-Abteilung integriert ist. Der Raum ist ausreichend groß, seine Oberflächen sind leicht zu reinigen und zu desinfizieren. Die zuvor beschriebenen räumlichen Funktionen sind dort zusammengefasst. Steriler Schutzkittel, Haarschutz und MNS sind nicht regelhaft erforderlich, das Ausmaß der Sterilabdeckung und die Art der Personal­bekleidung richten sich nach der Art der Operation und nach der Größe des Operationsfelds.

Egal, ob Sie bereits als ambulanter Operateur tätig sind, ein ambulantes Operationszentrum betreiben oder sich niederlassen möchten: Unser Referent für Hygiene – Henning Adam – informiert Sie gerne – auch persönlich in Ihrer Praxis – über die Bedeutung der hygienischen und damit verbundenen rechtlichen Vorgaben, Verpflichtungen und Empfehlungen sowie über die individuellen Voraussetzungen zum ambulanten Operieren.

Wir setzen Handlungsimpulse, damit Sie und Ihr Praxisteam sich auf der sicheren Seite befinden. Gemeinsam mit Ihnen möchten wir Fehlerquellen – sei es am Point of Care oder in der Medizinprodukteaufbereitung – analysieren und beheben. Unser Focus liegt darauf, dass die Prozesse und Strukturen auf die Infektionsprävention gerichtet und rational gestaltet werden. So können die Maßnahmen so umfassend wie nötig, aber so einfach wie möglich umgesetzt werden.


Facebook
Drucken
eMail